Jede Abhängigkeit wird irgendwann zum Problem: Die auf Facebook-Apps spezialisierte Spieleschmiede Zynga merkt das gerade am eigenen Leib.
Den Erfolg eines Internetangebots von einem einzigen Drittanbieter abhängig zu machen, ist ein gefährliches Unterfangen. Dies muss gerade Zynga feststellen, der Shooting-Star der Social-Games-Szene, der mit Spielen wie Mafia Wars und vor allem FarmVille Millionen von Social Networkern in seinen Bann gezogen hat.
Zynga ist der führende Anbieter von Casual-Game-Applikationen bei Facebook, sowohl was die Anzahl aktiver Spieler betrifft (über 230 Millionen im Dezember), als auch hinsichtlich der Erlöse. Mit dem Verkauf virtueller Güter sowie durch das Generieren von Verkäufen über Partner soll das US-Unternehmen einen Jahresumsatz im Bereich zwischen 350 und 600 Millionen Dollar erzielen, je nach Quelle. Der Wert der Firma wird auf bis zu fünf Milliarden Dollar geschätzt.
Während es für das 2007 gegründete Spiele-Startup bisher stetig bergauf ging, steht Zynga seit kurzem vor einem großen Problem: Die Zahl aktiver Spieler des Zynga-Flagschiffs FarmVille sinkt. Zwischen April und Mai ging sie von 82,8 auf 78,4 Millionen zurück. Viele andere Facebook-Spiele sahen ebenfalls einen Rückgang der Nutzerzahlen.
Der wahrscheinlichste Grund: Facebook hat kürzlich die Möglichkeiten für Applikationen begrenzt, Nutzern über das interne Facebook-Benachrichtigungssystem Mitteilungen zu schicken. Gerade Spiele wie FarmVille haben sehr stark auf das System gesetzt, um bei Usern ja nicht in Vergessenheit zu geraten.
Es ist nicht das erste Mal, dass Modifikationen an Facebooks App-Plattform zu weitreichenden Konsequenzen für Entwickler führen. Viele von ihnen setzen ganz oder fast komplett auf Facebook als Distributionskanal und sind so wie Zynga vollständig abhängig von den Launen des Social Networks.
Berichten zufolge ist das Verhältnis von Facebook und Zynga auf einem Tiefpunkt angelangt. Neben Einschränkungen in der Kommunikation mit den Usern stößt dem Gaming-Startup auch Facebooks Bestreben übel auf, die Bezahlung virtueller Güter in Zukunft nur noch über Facebooks eigene Währung abwickeln zu lassen. Von jeder Transaktion mit Facebook Credits behält das soziale Netzwerk eine 30-prozentige Provision.
Zynga hat Facebook nun damit gedroht, die Plattform des Social Networks ganz zu verlassen, und FarmVille bereits Ende vergangenen Jahres vorsorglich auf der eigenen Domain www.farmville.com lanciert. Ein Rückzug von Facebook wäre für Zynga ein herber Schlag und würde das rasant gewachsene Unternehmen mit einem großen Knall auf den Boden der Tatsachen zurückholen.
Entwickler von Social-Web-Anwendungen können aus dem Konflikt viel lernen: Eine rechtzeitige Diversifizierung tut Not und eine zu starke Abhängigkeit von einem einzigen Anbieter – egal ob nun Facebook, Twitter oder ein anderer, kann das gesamte Geschäftsmodell in Gefahr bringen.
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